Uraufführung: Geplant für 2020, Chorakademie Dortmund
Partitur veröffentlicht im Chorbuch "EnChor": http://enchor.de/beethoven/chorbuch/
„The Massacre of Glencoe“, so lautet der Titel eines Liedes von L. v. Beethoven. Er erinnert an ein grausames Blutbad, bei dem mehr als 80 Menschen des Clans der MacDonalds aus politischen Gründen ermordet wurden. Beethoven arrangierte hierfür ein einfaches Volkslied, der Romantik entsprechend, als schlichtes, nostalgisches und idyllisch verklärtes Lied. Der Reiz der schottischen Highlands findet in der gesanglichen Linie ihren vollen Ausdruck. Auch die Komposition „Gleann“ rückt den monodischen Gesang in den Mittelpunkt. Angelehnt an die Musik der damaligen Zeit in England, zum Beispiel der „Funeral Sentences“ von Henry Purcell, ist das Stück geschrieben aus einer einzigen melodischen Linie, welche in einen vierstimmigen Chorsatz aufgeteilt wurde. Außerdem ist entsprechend dazu der Text der Musik übergeordnet, in den Worten liegt der Ausdruck, der Gesang dient diesem in schlichter Art.
Im Gegensatz zum Gedicht von Walter Scott, welches Beethovens Komposition als Textgrundlage dient, ist das Gedicht „Glencoe“ von Letitia Elizabeth Landon getragen von einer frühromantischen Melancholie und klagenden Note. Das Seufzermotiv, die kleine Sexte, ist wie auch schon bei Beethoven das zentrale Motiv für die Vertonung des Gedichts. Und auch die zarte und unscheinbare Begleitung wurde assoziativ übertragen in einen kargen und äußerst schlichten Klaviersatz.
Allerdings ist „Gleann“ mehr, als nur ein Klagelied, es fokussiert sich auf zwei weitere wesentliche Eindrücke des Massakers. Zum einen den Anblick der verwüsteten und zerstörten Heimat und zum anderen die daraus resultierende Flucht und Heimatlosigkeit. Gefühle, welche in L. E. Landons Gedicht intensiv zum Ausdruck kommen und die bis in die heutige Zeit hinein ihre Aktualität und Dringlichkeit beibehalten. Krieg und Gewalt beherrschen uns noch heute. Die drei Zeitebenen, der Barock, die Romantik und die Moderne, sind miteinander verbunden durch das Element, welches ihnen allen drei gleich ist: der menschliche Chorgesang und seine vergängliche, flüchtige Schönheit.